INTERMEZZO #7

Dennis Ulbrich
Opening: Samstag, 03.12.2022 / 15 - 19 Uhr

AUSSTELLUNGSANSICHTEN

 

Welt, Raum, Farbe.

Über die Arbeiten des Künstlers Dennis Ulbrich
von Norina Quinte, ato - www.ato.vision

Die Materialcollagen des 1989 in Pforzheim geborenen Künstlers Dennis Ulbrich bestechen durch ihre Farbigkeit und ihren konzentrierten Aufbau. Zahlreiche aneinander-, ineinander- und übereinandergelegte Elemente wie Holz, Plexiglas, Kunststofffolien, Metall-, Papier- und Holzstreifen fügen sich zu abstrakten Bildobjekten zusammen.

Das Herantasten an ein Werk oder eine Serie beschreibt Ulbrich, der sein Meisterstudium bei Franz Ackermann absolvierte, als langwierigen Prozess, bei welchem er immer wieder verschiedene Kompositionen auslotet, bis er schließlich zu einem schlüssigen Gesamtbild findet. Jedes einzelne Fragment (z.B. eine lackierte, bemalte oder besprühte Holztafel) entsteht unabhängig von einer finalen Bild-Zusammensetzung. Manche seiner kleinformatigen Farb- und Musterflächen warten demnach Monate oder gar Jahre lang auf ihren Einsatz. Jener Findungsprozess, der bedeutender Teil Ulbrichs künstlerischer Arbeit ist, hat spürbare Auswirkungen auf die Qualität seiner Arbeiten. Die Konsequenz, bildnerisch keine Kompromisse einzugehen, forderte u.a. bereits sein Professor Helmut Dorner zu Beginn seines Studiums an der Kunstakademie Karlsruhe (2011-2017) von ihm. „In einem guten Bild ist alles wichtig“, so Dorner.

Ausgehend davon, dass Dennis Ulbrichs Bilder gut sind, stellt sich neben der bekannten Gretchenfrage „wann ist Kunst gut?“ auch folgende Frage:

Was ist hier wichtig?

Die Welt

Dennis Ulbrich erkundet die Landschaften, die ihn umgeben. Die Faszination, seine Umwelt auf ihre Besonderheiten und charakteristischen Merkmale zu untersuchen, ist möglicherweise auf sein Interesse für Skate- und Snowboarden zurückzuführen. [2]

Waren es während der Landschaftsbetrachtung ganz zu Beginn also vielleicht pragmatische Untersuchungen wie die Fahrbahnbeschaffenheit oder Wegführung, veränderte sich im Laufe der Zeit sein Blick auf Natur und Umwelt. Die Wechselwirkung von natürlichen und menschengeschaffenen Landschaften faszinierten Ulbrich zunehmend. Wie verändert sich das Landschaftsbild gestalterisch, sobald der Mensch interveniert? Welchen Einfluss hat jene Urbanisierung auf die Linienführung und Farbigkeit?

Ulbrich, der von seinem Umfeld durchaus ein stärkeres Bewusstsein für die Umwelt einfordert, macht jedoch anders als Wissenschaftler:innen – die sich ebenfalls mit dem physikalischen Einfluss des Menschen auf unser Erdsystem befassen – darauf aufmerksam: Er überführt seine Beobachtungen in abstrakte Bilder, in denen sein Anliegen lediglich erahnt werden kann.

Der Raum

Das Material ist in den Arbeiten von Dennis Ulbrich beständig. So wählt er Hölzer, Kunststoffe, Papier oder auch Aluminium für seine objekthaften Bilder. Die Räume, die er in seinen Werken schafft, bleiben allerdings nicht auf dem Bildträger verhaftet, sondern ragen den Betrachter:innen entgegen. Durch Flechten oder Schichten, entwickeln seine Formen – so scheint es – ein haptisches Eigenleben.

Mögen seine malerischen Räume auf den ersten Blick gegenstandslos erscheinen, enthalten sie nicht selten auch jene Formen, die in der natürlichen Welt eine Rolle spielen. Wellen, Nebel und Wege werden sichtbar, je länger sich das Auge mit den Formgebungen Ulbrichs auseinandersetzt. Und hier liegt der Unterschied zu konstruktivistischen Positionen verborgen; wo jene mathematisch ihre Bildwelten erbauen, agiert Ulbrich in seinen Kompositionen emotional, intuitiv und assoziativ.

Die Farbe

Der Künstler spricht in Bezug auf seine Kunst von „Farberinnerungen“. Hier bezieht er sich darauf, dass er in seinen Materialcollagen lediglich jene Farben verwendet, die ihn selbst in der Natur faszinieren. Ein knalliges rot, ein grelles grün oder türkis wirken auf uns künstlich? Auch hier lohnt sich ein zweiter Blick, denn Ulbrichs Farbpalette arbeitet ausschließlich mit Farben, die der Künstler aus der Natur herauszieht und in seinen Arbeiten wiedergibt. „Es gibt verrückte Farben in der Natur – man muss sie nur finden und die Augen öffnen“, so Ulbrich, der auch in der Kunst auf „genaues Hinsehen“ setzt.

Ulbrichs Kompositionen aus Mustern, Streifen und Formen ergeben in sich schlüssige Einheiten: „So und nicht anders.“

Allerdings ermöglichen seine Bilder durch ihre Vielschichtigkeit stetig neue Betrachtungsweisen.

Etwa wie ein Spaziergang? Vielleicht.

Dann aber wie ein großer Spaziergang, mit mehreren Runden, bei dem sich die eigenen Augen wiederholt öffnen können und die Bildgewichtung sich je nach Standpunkt neu zusammensetzt.

 
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